09.09.2014 Telefonieren bei ruhendem Motor erlaubt

Eine verbotswidrige Benutzung eines Mobiltelefons durch einen Fahrzeugführer liegt nicht vor, wenn das Fahrzeug steht und der Motor infolge eines automatischen Ausschaltens des Motors (Start-Stopp-Funktion) ausgeschaltet ist. Das Gesetz differenziert insoweit nicht zwischen einer manuellen oder automatischen Abschaltung des Motors.
(Oberlandesgericht Hamm, 1 RBs 1/14)

Die Sache wird dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Der Betroffene wird freigesprochen.
Die Staatskasse trägt die gesamten Kosten des Bußgeldverfahrens sowie die dem Betroffenen in diesem Bußgeldverfahren entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe:

I.
Der Betroffene ist durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 27.08.2013 wegen vorsätzlicher verbotswidriger Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer zu einer Geldbuße von 40 € verurteilt worden.
Nach den Urteilsfeststellungen befuhr der Betroffene am 03.04.2013 gegen 12:30 Uhr mit dem von ihm geführten Pkw der Marke E, amtliches Kennzeichen xx-xx xxx, die S-Allee in E in Richtung I. An der Lichtzeichenanlage am Ende der Ausfahrt Am S musste der Betroffene wegen Rotlichts anhalten. Während er mit seinem Fahrzeug vor der Lichtzeichenanlage stand, nutzte er sein Mobiltelefon, in dem er es mit der rechten Hand an sein rechtes Ohr hielt und sprach.
Der Betroffene hat sich nach den Urteilsausführungen dahingehend eingelassen, er habe nur während des Zeitraumes telefoniert, in dem er mit seinem PKW gestanden habe. Während dieses Zeitraumes sei der Motor seines Fahrzeugs ausgeschaltet gewesen, da das Fahrzeug mit einer ECO Start-Stopp-Funktion ausgestattet sei. Halte der Fahrzeugführer an und betätige das Bremspedal, so schalte sich der Motor ab. Bei erneuter Betätigung des Gaspedals starte der Motor wieder.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVG für schuldig befunden. Zur Begründung hat es ausgeführt:
„Die Einlassung des Betroffenen, der Motor sei ausgeschaltet, ist nicht zu widerlegen. Sie kann aber ohnehin zu Gunsten des Betroffenen als wahr unterstellt werden. Trotzdem ist die Ausnahme vom grundsätzlichen Mobilfunkverbot gemäß § 23 Abs. 1 a S. 1 StVO nach S. 2 nicht gegeben. Denn der Motor war nicht im Sinne der Ausnahme ausgeschaltet. Dieser Auslegung des ausgeschalteten Motors steht Art. 103 Abs. 2 GG nicht entgegen, da sich die Auslegung innerhalb des Wortlauts hält. Denn der Motor wird bei Unterstellung einer funktionierenden Start-Stopp-Funktion schon nicht bewusst und unmittelbar durch den Fahrzeugführer ausgeschaltet. Vielmehr ist das Ausscheiden nur eine Folge der Betätigung der Bremse und des anschließenden Herausnehmens des Ganges, sei es auch bei einem Automatikgetriebe durch Wechsel in die Neutralstellung. Durch das Halten der Bremse nimmt der Kraftfahrzeugführer aber weiterhin am Verkehr teil. Gegen ein Ausschalten spricht ferner, dass ein Einschalten nicht durch ein bewusstes Bedienen des Anlassers erfolgt. Eine Zündvorrichtung muss nicht bedient werden; es genügt die Betätigung des Gaspedals. Die Fahrt kann jederzeit fortgesetzt werden, ohne dass der Motor erst durch eine eigenständige Handlung in Betrieb gesetzt werden müsste (vgl. OLG Bamberg NJW 2006, 3732, 3733, mit gleicher Begründung zu einem abweichenden Sachverhalt).“
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der eine Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird.
II.
Die Sache war zur Fortbildung des materiellen Rechts dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern zu übertragen (§ 80 a Abs. 3 OWiG), da zu der Frage, ob die Vorschrift des § 23 Abs. 1a S. 2 StVO auch dann eingreift, wenn bei einem angehaltenen Fahrzeug der Motor aufgrund einer sogenannten Start-Stopp-Funktion automatisch ausgeschaltet wurde - soweit ersichtlich – bisher keine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist.
Bei dieser Entscheidung handelt es sich um eine solche der zuständigen Einzelrichterin.
III.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Er führt auf die erhobene Sachrüge zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zum Freispruch des Betroffenen.
Gemäß § 23 Abs. 1a S. 2 StVO gilt das in S. 1 normierte Verbot der Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons durch den Fahrzeugführer, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss, nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.
Soweit der Gesetzeswortlaut bei Kraftfahrzeugen die Ausschaltung des Motors verlangt, differenziert er nicht zwischen einem automatischen Ausschalten des Motors beim bewussten Abbremsen bzw. Anhalten des Fahrzeugs und einer bewussten manuellen Ausschaltung des Motors durch den Fahrzeugführer. Ebenso wenig lässt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift entnehmen, dass ein Ausschalten des Motors nur dann gegeben sein soll, wenn zu dessen (Wieder-) Einschaltung die Bedienung einer Zündvorrichtung erforderlich ist.
Auch aus der Begründung der 33. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 11.12.2000 (Verkehrsblatt 2001, Seite 8), durch die § 23 Abs. 1a StVO in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen worden ist, lässt sich eine solche Differenzierung nicht entnehmen. Dort heißt es, dass S. 2 die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons durch den Fahrzeugführer unter den dort genannten Voraussetzungen erlaubt, ohne dass nähere Ausführungen dazu erfolgt sind, wann ein Motor als ausgeschaltet anzusehen ist. In der weiteren Begründung wird sodann ausgeführt, dass damit die Benutzung bei längerem Stillstand wie z.B. im Stau oder bei längerem Halt vor einer geschlossenen Bahnschranke mittels Aufnehmen oder Halten des Telefons oder Telefonhörers weiter erlaubt bleibe, sowie, dass bei verkehrsbedingter Fahrtunterbrechung von kürzerer Dauer wie z.B. Warten vor einer roten Ampel oder im Stop-and-go-Verkehr der Kraftfahrzeugführer den Motor nicht abschalten werde, da er vom unmittelbaren Bevorstehen der Weiterfahrt ausgehe. Auch hier ist lediglich die Rede von einem „Abschalten“ des Motors, ohne dass diesbezüglich eine Definition erfolgt ist oder besondere Voraussetzungen aufgestellt werden.
Auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 23 Abs. 1a S. 1 und S. 2 StVO lässt sich nicht entnehmen, dass der Motor nur dann im Sinne dieser Vorschrift als ausgeschaltet anzusehen ist, wenn er durch den Fahrzeugführer bewusst manuell abgeschaltet worden ist und nur durch das vorherige Bedienen der Zündvorrichtung wieder in Gang gesetzt werden kann. Durch die Vorschrift des § 23 Abs. 1a S. 1 StVO soll gewährleistet werden, dass dem Fahrzeugführer beide Hände für die eigentlichen Fahraufgaben zur Verfügung stehen. Steht aber das Fahrzeug und ist der Motor nicht in Betrieb, fallen Fahraufgaben, wofür der Führer beide Hände benötigt, nicht an, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Motor zuvor durch den Fahrer durch Betätigen der Zündung oder mit der Abbremsung bzw. dem Stillstand des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden ist.
Während des Zeitraums, in dem das angehaltene Fahrzeug mit ausgeschalteten Motor steht, ist eine Beeinträchtigung der Fahraufgaben des Fahrzeugführers durch ein in den Händen gehaltenes Telefon deshalb nicht zu befürchten, da solche Aufgaben erst wieder bei einer erneuten Fahrtaufnahme anfallen können, die aber erfordert, dass zuvor der Motor wieder in Gang gesetzt wird (vergleiche OLG Bamberg, Beschluss vom 27.09.2006 – 3 Ss Owi 1050/06 – BeckRS 2006, 13254; OLG Hamm, Beschluss vom 01.12.2005 – 2 Ss OWi 811/05 –, Beck RS 2006, 01391). Das Erfordernis eines erneuten Einschaltens des Motors ist aber auch gegeben, wenn dieser zuvor mittels einer Start-Stopp-Funktion des Fahrzeugs automatisch abgeschaltet worden ist. Der Umstand, dass bei einem Fahrzeug, das mit einer solchen Funktion ausgerüstet ist, der Motor sehr rasch, nämlich bereits durch eine Betätigung des Gaspedals wieder in Gang gesetzt werden kann, ändert nichts daran, dass der Motor zuvor außer Betrieb gesetzt und damit ausgeschaltet gewesen war und eine Fahrtaufnahme seine Wiedereinschaltung erfordert, wobei sich die Betätigung des Gaspedals durch den Fahrer als bewusste Einschaltung des zuvor ausgeschalteten Motors darstellt.
Die durch das Amtsgericht vorgenommene Auslegung von § 23 Abs. 1a S. 2 StVO, dass bei einem vor einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanzeige stehenden Kraftfahrzeug dem Ausschalten des Motors infolge einer Start-Stopp-Funktion keine Bedeutung beizumessen sei, stellt daher eine mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht vereinbare Ausdehnung der Bußgeldbewehrung zu Lasten des Betroffenen dar.
Auf die zugelassene Rechtsbeschwerde war daher der Betroffene unter Aufhebung des angefochtenen Urteils durch Beschluss gemäß § 79 Abs. 5 und Abs. 6 OWiG freizusprechen.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

03.12.2013 Begrenzung auf konkrete Reparaturkosten bei fiktiver Abrechnung

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02.07.2013 Ist bei der Ersatzbeschaffung von privat keine Umsatzsteuer angefallen, steht dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zu. BGH, VI ZR 351/12

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juli 2013 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter Stöhr
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landge-richts Deggendorf vom 10. Juli 2012 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten nach einem Verkehrsunfall vom 23. September 2011, für den die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach unstreitig ist, noch um Erstattung anteiliger Umsatzsteuer nach Anschaffung eines Ersatz-fahrzeuges durch den Kläger von privat.
Mit schriftlichem Kaufvertrag vom 3. Oktober 2011 erwarb der Kläger das Fahrzeug zum Preis von 14.700 €. Sein verunfalltes Fahrzeug wies laut Sach-verständigengutachten vom 27. September 2011 einen Wiederbeschaffungs-wert in Höhe von 22.000 € brutto bzw. 18.487,40 € netto, mithin einen Umsatz-steueranteil in Höhe von 3.512,60 € auf. Die Beklagte rechnete auf Basis des Nettowiederbeschaffungswerts ab und verweigerte
lich der vom Kläger begehrten anteiligen Umsatzsteuer prozentual 66,82 % in Höhe von 2.347,13 €.
Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich der Erstattung der Umsatz-steuer abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückge-wiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Klä-ger seinen Antrag auf Erstattung der anteiligen Umsatzsteuer weiter.
Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Landgerichts gilt der Grundsatz des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, dass Umsatzsteuer im Rahmen eines Schadensersatzbetrages nur zu berücksichtigen ist, wenn diese tatsächlich angefallen ist, auch im vorlie-genden Fall. Dies führe dazu, dass bei einer Ersatzbeschaffung von privat, bei der Umsatzsteuer nicht anfalle, diese auch nicht zu ersetzen sei. Der Kläger habe nur Ausgaben in Höhe von 14.700 € getätigt. Der von ihm geltend ge-machten - fiktiven - Umsatzsteuer auf diesen Betrag, der an privat gezahlt wor-den sei, stünde keine tatsächlich vom Geschädigten getätigte Ausgabe gegen-über. Dies unterscheide den Streitfall von der im Senatsurteil vom 1. März 2005 (VI ZR 91/04, BGHZ 162, 270) entschiedenen Fallgestaltung, bei der der Ge-schädigte nicht den Ersatz fiktiver Umsatzsteuer, sondern den Ersatz des tat-sächlich für die Ersatzbeschaffung aufgewendeten Betrages begehrt habe.
                                              
II.

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Mit Recht hat das Berufungs-gericht einen Anspruch auf Ersatz der anteiligen Umsatzsteuer verneint.
1. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der bei der Beschädigung ei-ner Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der Ge-setzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Her-stellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist. Für den Er-satz der Umsatzsteuer kommt es aber - unabhängig von dem Weg, den der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat - darauf an, ob sie zur Wie-derherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist. Sie soll nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt (vgl. Senatsurteil vom 5. Februar 2013 - VI ZR 363/11, VersR 2013, 471 Rn. 14 f.).
Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa beim Kauf von privat - keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. In die-sem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt. Dementsprechend hat der erkennende Senat entschieden, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer dann nicht erfolgt, wenn der Geschädigte weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist (vgl. Senatsurteile vom 22. September 2009 - VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 11; vom 5. Februar 2013 - VI ZR 363/11, aaO Rn. 16). Dies gilt auch im Falle eines - hier vorlie-genden - wirtschaftlichen Totalschadens (Senatsurteile vom 20. April 2004 - VI ZR 109/03, BGHZ 158, 388, 389 ff.; vom 18. Mai 2004 - VI ZR 267/03, VersR 2004, 927, 928; vom 1. März 2005 - VI ZR 91/04, aaO, 273 mwN).
2. Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger kein Anspruch auf Ersatz anteiliger Umsatzsteuer zu, denn bei der Ersatzbeschaffung von privat ist keine Umsatzsteuer angefallen.
Dies steht entgegen der Auffassung der Revision nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom 1. März 2005 (VI ZR 91/04, aaO). Die dama-lige Fallgestaltung unterscheidet sich von dem hier vorliegenden Fall dadurch, dass der Kläger ein Ersatzfahrzeug beschafft hatte, dessen Kaufpreis den im Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert überstieg, und er seinen Schaden konkret auf Basis der Ersatzbeschaffung ab-gerechnet hatte. In diesem Fall hat der Senat entschieden, dass der Geschä-digte im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaf-fung bis zur Höhe des (Brutto-)Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädig-ten Kraftfahrzeugs - unter Abzug des Restwertes - ersetzt verlangen kann, wenn er ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis erwirbt, der dem in einem Sachver-ständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert des un-fallbeschädigten Kraftfahrzeuges entspricht oder diesen übersteigt. Auf die Fra-ge, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-)-Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zu-
sammenhang nicht an. Durch die gesetzliche Neuregelung des § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB wollte der Gesetzgeber nämlich nichts an der Möglichkeit des Ge-schädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes tat-sächlich angefallen ist. Lediglich bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen soll sich nach der Absicht des Gesetzgebers deren Umfang mindern, indem die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten entfällt. Umsatzsteuer kann mithin nur noch dann ersetzt ver-langt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung auch tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat (Senatsurteil vom 1. März 2005 - VI ZR 91/04, aaO, 273 ff.). In dieser Entscheidung hat der Senat folgerichtig zugleich ausgeführt, dass eine Umsatzsteuer nicht zu ersetzen ist,
wenn sie für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa wie hier beim Kauf von privat - nicht anfällt (aaO, 274).
Galke Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:

AG Viechtach, Entscheidung vom 30.03.2012 - 1 C 12/12 -
LG Deggendorf, Entscheidung vom 10.07.2012 - 12 S 48/12 -

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14.06.2013 Nutzungsausfall auch ohne Anschaffung eines Ersatz-Kfz - LG Kaiserslautern 3 O 837/12

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.947,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.921,44 € seit dem 21.12.2012 sowie aus weiteren 1.026,- € seit dem 02.04.2013 sowie weitere vorgerichtliche Anwaltskosten von 28,94 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten ober dem jeweiligen Basiszinssatzes hieraus seit dem 21.12.2012 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen,

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch, der sich am 10.10.2012 ereignet hat und bei dem das auf die Klägerin, die als Kriminalbeamtin tätig ist, zugelassene und von ihr haftpflichtversicherte Fahrzeug Honda Civic 1,8 Sport, Erstzulassung 27.12.2007, durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug beschädigt wurde. Die vollständige Einstandspflicht der Beklagten für die bei dem Unfall entstandenen Schäden dem Grunde nach ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

Das Fahrzeug war zum Unfallzeitpunkt seitens der Klägerin darlehensweise finanziert, das Darlehen ist inzwischen – teils ober eine seitens der Beklagen erfolgte Zahlung auf den Sachschaden, teils durch die Klägerin selbst – abgelöst.

Die Klägerin ließ über die bei dem Unfall an dem Fahrzeug entstandenen Schäden ein Gutachten der … GmbH erstellen. Das Gutachten, dessen Ergebnisse zwischen den Parteien nicht im Streit sind, kam zu einem Reparaturkostenaufwand von 26.877,22 € bei einem Wiederbeschaffungswert von 10.500.- € und einem Restwert von (mehrwertsteuer-neutral) 900,- € (im Einzelnen wird auf das Gutachten Bl. 105 ff. dA Bezug genommen). Nachdem dieses Gutachten den Wiederbeschaffungswert als Bruttobetrag angegeben hatte, korrigierte der Sachverständige dies mit Schreiben vom 08.04.2013 (Bl. 181 f. dA) dahin, dass der Betrag von 10.500,- € sich als Nettobetrag versteht. Der Ansatz der Regelbesteuerung sei irrtümlich erfolgt, aufgrund des Alters und des Fahrzeugtyps sei das Fahrzeug am Markt üblicherweise nur noch von Privatverkäufern erhältlich. Dieser Nettowiederbeschaffungswert ist wiederum nicht streitig. Ein anderes Fahrzeug erwarb die Klägerin bisher nicht.

Für die Erstellung des Gutachtens stellte die … GmbH der Klägerin einen Betrag von brutto 1.322,92 € in Rechnung (Bl. 104 dA). Daneben fielen An- und Abmeldekosten von 75,- € an.

Über ihre Prozessbevollmächtigten machte die Klägerin bei der Beklagten einen Betrag von 11.027,92 € geltend, der sich aus einem Wiederbeschaffungsaufwand von 9.600,- € (Wiederbeschaffungswert 10.500,- € abzgl. 900,- € Restwert), Sachverständigenkosten von 1.322,92 €, An- und Abmeldekosten von 75,- € sowie einer Unkostenpauschale von 30,- € zusammensetzte. Hinzu kam ein Betrag von 248,- € Fahrzeugbeschriftungskosten, da das verunfallte Fahrzeug mit einer Werbebeschriftung der Firma … GmbH, bei der der Ehemann der Klägerin Mitgeschäftsführer ist, versehen war.

Nachdem die Beklagte zunächst keine Zahlung leistete, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.12.2012, beim Landgericht Kaiserslautern eingegangen am 13.12.2012 und der Beklagten am 21.12.201.2 zugestellt, Klage über einen Betrag von 11.027,92 € sowie Rechtsanwaltskosten von 430,68 €, je nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit, erhoben.

Nach Zustellung der Klage zahle die Beklagte auf den Wiederbeschaffungsaufwand 7.923,53 € (ausgehend von einem Bruttobetrag von 10.500»- € beim Wiederbeschaffungswert, von dem die Beklagte lediglich den Nettobetrag abzüglich 900,- € Restwert zahlte), sodass ein Betrag von 1.678,47 € noch im Streit ist. Weiterhin zahlte die Beklagte auf die Gutachterkosten 1.030,83 € (noch streitiger Betrag: 292,09 €), auf die Auslagenpauschale 25,- € (noch offener Betrag 5*- €), sowie die An- und Abmeldekosten von 75,- €. Aufgrund einer Überzahlung auf die geltend gemachten Beschriftungskosten von 47,12 € – vgl. die unstreitige Aufstellung der Klägerin Bl. 93 dA- sind aus der ursprünglichen Hauptforderung noch 1.928,44 € Im Streit. Im Übrigen haben die Parteien den Rechtsstreit in Höhe von 3.729,33 € übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 151 dA).

Auf die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten zahlte die Beklagte im Januar 2013 einen Betrag von 401,72 €. Auch insoweit haben die Parteien den Rechtsstreit im Termin vorn 05.08.2013 (Bl. 180 d A) übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 05.03.2012 begehrte die Klägerin von der Beklagten ergänzend die Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung von 1.161,- € (27 Tage zu je 43,- €). Nachdem auch hierauf keine Zahlung erfolgte, hat die Klägerin die verbliebene Klage mit Schriftsatz vom 20.03.2013 um diesen Betrag erweitert (Bl. 142 dA).

Die Klägerin bringt vor,

die Beklagte sei zum Ersatz der noch offenen Beträge verpflichtet.

Der Wiederbeschaffungswert von 10.500,- € sei – wie vom Sachverständigen inzwischen bestätigt und unbestritten – ein Nettobetrag, eine Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin bestehe zudem nicht. Der angebrachte Werbeschriftzug der … GmbH ändere nichts daran, dass sich das Fahrzeug in ihrem Eigentum befunden habe, was sich schon aus dem vorgelegten Steuerbescheid und der Zulassungsbescheinigung ergebe. Es sei auch bis zum Unfall allein von ihr, der Klägerin, genutzt worden. Der Schriftzug sei nur deshalb angebracht worden, weil das Fahrzeug habe der … GmbH übertragen werden sollen, wozu es infolge des Unfalles nicht mehr gekommen sei. Nur ergänzend komme es daher darauf an, dass der … GmbH ebenfalls keine Vorsteuerabzugsberechtigung zukomme, da diese gemeinnützige und damit umsatzsteuerfreie Leistungen erbringe.

Die Unkostenpauschale sei mit 30,- € anzusetzen.

Die Sachverständigenkosten seien ebenfalls vollständig zu ersetzen.
Zwar seien nur die erforderlichen Kosten zu erstatten, hierbei sei allerdings für die Erforderlichkeit auf die Sicht des Geschädigten abzustellen. Da die Sachverständigenhonorare und -abrechnungen anders als etwa Mietwagenkosten dem Geschädigten nicht im Voraus zugänglich und für ihn auch nicht überprüfbar seien, komme es allein im Rahmen der Schadensminderungspflicht darauf an, ob eine etwaige Überhöhung für den Geschädigten erkennbar gewesen sei. Für einen Laien sei allerdings nicht herauszufinden, ob Sachverständige im Allgemeinen nach Zeitaufwand oder pauschaliert nach der Schadenshöhe abrechnen würden. Zudem sei die pauschalierte Abrechnung nach der Schadenshöhe nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zulässig. Für die Klägerin sei daher eine etwaige – bestrittene – Überhöhung der Sachverständigenkosten nicht erkennbar gewesen. Zudem entspreche die hier vorgenommene Abrechnung pauschaliert anhand der Schadenshöhe der ortsüblichen Abrechnung. Auch die zusätzliche Abrechnung der Nebenkosten des Sachverständigen sei dabei nicht zu beanstanden, Jedenfalls sei dies für die Klägerin nicht erkennbar gewesen.

Die Klägerin habe weiterhin Anspruch auf Zahlung von Nutzungsausfall für 27 Tage nach dem Unfall.

Wie dargestellt, habe das Fahrzeug der Klägerin gehört und sei auch bis zum Unfall lediglich von dieser genutzt worden. Infolge des wirtschaftlichen Totalschadens und der fehlenden Fahrtauglichkeit des Fahrzeuges habe sie nach dem Unfall über kein Fahrzeug mehr verfügen können. Sie habe sich daher, soweit diese Fahrzeuge nicht gerade anderweitig benötigt worden seien, mit den Fahrzeugen des Ehemannes oder ihrer Kinder behelfen müssen. Soweit diese nicht verfügbar gewesen seien, habe sie, etwa für Fahrten zur Arbeitsstelle und zurück, den Bus benutzen müssen.

Damit schulde ihr die Beklagte Nutzungsausfall für 27 Tage. Sie sei berechtigt gewesen, zunächst das Ergebnis des Sachverständigengutachtens abzuwarten. Der darin ausgewiesene Zeitraum für eine Reparatur sei jedenfalls mit einzubeziehen. Sie habe in diesem Zeitraum und auch danach kein neues Fahrzeug erwerben können, da sie zunächst die Finanzierung für das Altfahrzeug habe abbezahlen müssen und damit keine finanziellen Mittel für die Beschaffung eines neuen Fahrzeuges gehabt habe. Der Nutzungsausfall sei mit 43,- € täglich anzusetzen.

Die Klägerin beantragt – nach teilweise übereinstimmender  Erledigungserklärung, vgl. oben -,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.928,44 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten ober dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.161,- € nebst Zinsen hieraus in Hohe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

die Beklagte zu verurteilen, an sie die ihr außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten von 28,94 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bringt vor,

bei Wiederbeschaffungswert sei vom Nettobetrag auszugehen, da das Fahrzeug, wie sich aus der angebrachten Beschriftung für die … GmbH ergebe, von dieser genutzt worden sei, und daher von einer Vorsteuerabzugsberechtigung auszugehen sei,

Die Unkostenpauschale betrage lediglich 25,- €.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf weitere Sachverständigenkosten, da die Abrechnung des Sachverständigen überhöht sei und diese Kosten damit, soweit sie nicht erstattet worden seien, nicht erforderlich gewesen seien.

Der Geschädigte habe lediglich Anspruch auf die zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten. Dass Kosten erforderlich seien, sei keine Frage des Mitverschuldens, sondern Anspruchsvoraussetzung, beurteile sich nach objektiven Kriterien und sei daher vom Geschädigten zu beweisen. Das gelte auch bei einer pauschalierten Abrechnung anhand der Schadenshöhe. Auch in diesem Fall müsse der Geschädigte die Erforderlichkeit nachweisen. Insoweit habe der Bundesgerichtshof ausdrücklich ausgeführt, dass der Geschädigte zwar keine Marktforschung betreiben müsse, dann aber im Prozess das Risiko trage, dass sich die Kosten später als überhöht erwiesen.
Hier seien die geltend gemachten Kosten, soweit sie über den gezahlten Betrag hinausgingen, nicht erforderlich. Für ein Gutachten der hier gegebenen Art sei allenfalls ein Aufwand von 1,5 Stunden angemessen, über diesen Kosten dürfe daher auch die Pauschale nicht liegen. Damit sei das Honorar hier weit überhöht, was unter Sachverständigenbeweis gestellt werde. Die angesetzten, Nebenkosten seien jedenfalls neben dem Pauschalhonorar nicht zulässig, da sie in diesem enthalten seien. Die Abrechnung mit 42,- € netto für 20 Fotos sei jedenfalls weit überhöht.

Hinsichtlich des geltend gemachten Nutzungsausfalles werde bestritten, dass das Fahrzeug über 27 Tage ausgefallen sei und dass kein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestanden habe. Im Übrigen sei bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis und nach dem Wiederbeschaffungsaufwand kein Nutzungsausfall geschuldet.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die von den Parteien zur Verfahrensakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Angaben der Klägerin bei ihrer Anhörung im Termin vom 05.08.2013 (Bl. 175 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 05.06.2013 (Bl. 175 ff. dA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist im nach der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung verbleibenden Umfang überwiegend begründet. Der Kläger steht – über die bereits erfolgten, der übereinstimmenden Teilerledigungserklärung zu Grunde liegenden Zahlung der Beklagten hinaus – gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 2.947.44 € aus § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG nebst den ausgeurteilten Zinsen und restlichen Rechtsanwaltskosten zu. Lediglich in Höhe eines Betrages von 140,- € ist die Klage unbegründet.


1.

Die vollständige Haftung der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Unfall dem Grunde nach ist zwischen den Parteien nicht im Streit. Dementsprechend hat die Beklagte auch die aus ihrer Sicht berechtigten Schadenspositionen inzwischen beglichen.


2.

Der Höhe nach hat die Klägerin über die unstreitigen, beglichenen Schadenspositionen hinaus Anspruch auf Zahlung weiterer 2.947,44 €.


2.1.

Unbegründet ist die Klage, soweit die Klägerin weitere 5,- € Auslagenpauschale begehrt. Die Auslagenpauschale wird von der Kammer gemäß 287 ZPO unverändert mit 25,- € angesetzt. Nachdem diese bereits beglichen sind, besteht ein Anspruch auf weitere Zahlung nicht.


2.2.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung weiterer 1.676,47 € an Wiederbeschaffungsaufwand zu.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass – wie im Gutachten der … GmbH festgestellt – den notwendigen Reparaturkosten von 26.877,22 € ein Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges von lediglich 10.500,- € gegenübersteht. Damit liegt ein wirtschaftlicher Totalschaden vor, sodass der Klägerin lediglich ein Anspruch auf den Wiederbeschaffungsaufwand zusteht, der sich aus dem Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert zusammensetzt und bei der zulässigen Berechnung auf Gutachtenbasis den – auch nicht streitigen – Feststellungen des Sachverständigen entnommen werden kann (BGH NJW 2010, 2724, 2725; NJW 2011, 867, 868; je m.w.N.).

Hieraus ergibt sich ein Wiederbeschaffungsaufwand von 9.600,- €, von dem nach der Zahlung von 7.923,53 € noch 1.676,47 € verbleiben.

Der Einwand der Beklagten, der Klägerin stehe lediglich der Nettobetrag zu, bleibt schon deswegen erfolglos, weil es sich bei dem Betrag von 10.500,- € um den Nettowiederbeschaffungswert handelt. Der von der Klägerin beauftragte Sachverständige hat mit Schreiben vom 08.04.2013 klargestellt, dass der von ihm angegebene Wiederbeschaffungswert von 10.500,- € ein Nettobetrag ist und die Annahme der Regelbesteuerung im Gutachten ein Versehen war. Das Fahrzeug ist danach am Markt nur noch bei Privatverkäufern zu erhalten, sodass es sich bei dem angesetzten Wiederbeschaffungswert um den Nettobetrag handelt (vgl. zu diesen Fällen OLG Köln NJW 2004, 1465/1466; KG NZV 2007, 409, 410). Dieser Berichtigung ist die Beklagte nicht entgegen getreten, sodass der Nettowiederbeschaffungswert von 10.500,- € unstreitig ist. Denn einen niedrigeren Nettowiederbeschaffungswert hat die Beklagte selbst nicht behauptet sondern sie hat lediglich – von einer Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin ausgehend – den ursprünglich vom Sachverständigen angenommenen Bruttowiederbeschaffungswert um die darin enthaltene Umsatzsteuer gekürzt.
Nur ergänzend kommt es daher darauf an, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Klägerin zum Unfallzeitpunkt Eigentümerin des Fahrzeuges war und die Klägerin als Polizeibeamtin (offensichtlich) nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Für das Eigentum streitet schon die Vermutung des § 1004 BGB. Denn es steht nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin bei Ihrer Anhörung nach § 141 ZPO und des Zeugen … , dass die Klägerin das Fahrzeug selbst erworben hat, es selbst genutzt und – wie durch Vorlage des Steuerbescheides (Bl. 189 f. dA), des Versicherungsscheins (Bl. 186 f. dA) und der Bescheinigung der Zulassungsstelle (Bl. 181 dA) nachgewiesen ist – auch selbst angemeldet und unterhalten hat. Damit hat sie jedenfalls bis am Unfall Eigenbesitz am Fahrzeug begründet. Aus diesem Eigenbesitz folgt gemäß § 1004 Abs. 1+2 BGB die Vermutung, dass die Klägerin mit der Begründung des Eigenbesitzes auch Eigentum erworben und dieses bis zur Begründung neuen Eigenbesitzes eines Dritten – wofür die bloß leihweise Überlassung während des Urlaubes der Klägerin an die … GmbH nicht ausreicht – behalten hat (BGH NJW-RR 2000, 1584, 1585; NJW 2005, 359, 383; je m.w.N.). Dass das Fahrzeug finanziert war, ändert das nicht zwangsläufig. Im Übrigen verbliebe es selbst bei einer – inzwischen durch die von der Klägerin und dem Zeugen … übereinstimmend angegebene Darlehensrückzahlung ohnehin beendeten – Sicherungsübereignung an die finanzierende Bank, beim Eigenbesitz und der Eigennutzung der Klägerin und damit bei der fehlenden Vorsteuerabzugsberechtigung. Dass das Fahrzeug von der … GmbH genutzt worden wäre, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben. Nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und des Zeugen … erfolgte diese Nutzung nur während des Urlaubes der Klägerin auf Leihbasis, zu der angedachten Übertragung des Fahrzeuges, auf die auch der kurz vor dem Unfall angebrachte Schriftzug zurückging, kam es infolge des beim Unfall entstandenen wirtschaftlichen Totalschadens nicht mehr.

Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten in Höhe von 292,09 €. Es handelt sich hierbei um erforderliche Kosten, ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht feststellbar.

Die Kosten eines Sachverständigengutachtens gehören anerkanntermaßen zu den vom Schädiger zu ersetzenden Positionen, wenn die Einholung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war. Das ist bei Verkehrsunfällen regelmäßig der Fall und wird hier als solches – wie die überwiegende Zahlung dieser Kosten belegt – durch die Beklagte auch nicht in Zweifel gezogen.

Der Einwand, die Sachverständigenkosten seien überhöht und daher im nicht erstatteten Teil nicht ersatzfähig, bleibt ohne Erfolg.

Zwar trifft es im Ansatz zu, dass der Geschädigte grundsätzlich nur diejenigen Kosten ersetzt verlangen kann, die zur Behebung des Schadens erforderlich waren. Erforderlich sind dabei solche Kosten, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten aus gesehen als zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH NJW 2005, 1108 f.; BGH NJW 2007, 1450, 1451 m.w.N.). Ebenso ist im Ansatz zutreffend, dass der Geschädigte dabei gehalten ist, im Rahmen seiner Erkenntnismöglichkeiten und des Zumutbaren von mehreren zur Verfügung stehenden, gleich geeigneten Wegen zur Schadensbehebung den wirtschaftlicheren Weg zu wählen. Zur Marktforschung ist er dabei auch bei der Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Honorare des Sachverständigen nicht verpflichtet, trägt allerdings das Risiko, dass sich das Gutachten dann im Prozess als zu teuer erweist (vgl. dazu BGH NJW 2005, 3134 f. ; BGH NJW 2007, 1450, 1452 m.w.N.).

Hieraus – insbesondere aus der letztgenannten Formulierung – folgt allerdings entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass erforderlich nur die Sachverständigenvergütung sei, die objektiv angemessen und/oder üblich ist, und der Schädiger darüber hinausgehende Sachverständigenkosten schon deshalb nicht zu erstatten habe. Denn Ausgangspunkt für die Beurteilung der Erforderlichkeit von zur Schadensbeseitigung aufgewendeten Kosten ist nicht allein die objektive Erforderlichkeit dieser Kosten, wie sie sich etwa von Sachverständigen ermitteln lässt. Maßgebend für diese Frage ist vielmehr, ob einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Position des Geschädigten die aufgewendeten Kosten als zweckmäßig und angemessen erscheinen (vgl. die obigen Nachweise), mithin also ein objektiviert-subjektiver Maßstab. Das ist ein erheblicher Unterschied. Denn daraus folgt, dass die Erforderlichkeit von Kosten, auch von Sachverständigenkosten, sich aus der Sicht des vernünftig denkenden Menschen in der Situation des Geschädigten beurteilt und nicht aus der Sicht eines Sachverständigen. Eine Überhöhung dieser Kosten geht damit so lange zu Lasten des Schädigers, wie der nicht zur Marktforschung verpflichtete Geschädigte diese Überhöhung im genannten Maßstab nicht erkennen kann. Zu Lasten des Geschädigten selbst gehen sie nur bei einem Auswahlverschulden des Geschädigten oder wenn er als verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch diese Kostenüberhöhung erkennen konnte. Ist Letzteres nicht der Fall und duften die Kosten einem verständigen, wirtschaftlich denkendem  Geschädigten angemessen erscheinen, sind sie selbst dann erforderlich und vom Schädiger zu ersetzen, wenn sie nicht (voll) der objektiven Erforderlichkeit entsprechen (OLG Köln NZV 1999, 88, 90; OLG Hamm NZV 2001, 433, 434; OLG Nürnberg VRS 103, 321, 322; OLG Naumburg NZV 2006, 546, 548; Palandt/Grüneberg, BGB, 72, Auflage, § 249 Rdnr. 58; Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage, § 12 StVG Rdnr. 50; ausdrücklich Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 28. Auflage, Kap. 3 Rdnr. 120; fehlende Erforderlichkeit nur, wenn für den Geschädigten erkennbar ist, dass die Kosten geradezu willkürlich angesetzt sind; ebenso LG Saarbrücken, Urt. v. 10.02.2011, 13 S 109/10, Bl. 53 ff, d.A., dort S. 4/5 m.w.N.). Nur auf eine Überschreitung dieses Erforderlichkeitmaßstabes bezieht sich auch die von der Beklagten angeführte Formulierung des Bundesgerichtshofs, dass der Geschädigte das Risiko überhöhter Kosten zu tragen habe.

Damit sind die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten hier insgesamt erforderlich gewesen.
Für die Klägerin als Laie war im Maßstab eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nicht erkennbar, dass die Rechnung des Sachverständigen – das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten als zutreffend unterstellt – überhöht sein konnte. Die von der Beklagten erhobenen Einwände gegen die Abrechnung sind sämtlich Einwände, die einem verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nicht erkennbar sind. Denn anders als etwa Mietwagenkosten, bei denen der Geschädigte zum einen die Angebote anderer Anbieter unschwer telefonisch oder im Internet überprüfen kann und zum anderen schon anhand der Tagespreise deutlich überhöhte Tarife bei Aufbringung der erforderlichen Sorgfalt erkennen kann, sind dem Durchschnittsgeschädigten bei Sachverständigen weder die Tarife noch deren Berechnungsmethoden auch nur in Ansätzen bekannt (daher hat der Bundesgerichtshof die Übertragung der Grundsätze zu Mietwagenkosten auf Sachverständigenkosten auch ausdrücklich verneint, BGH NJW 2007, 1450, 1452).

Das gilt hier schon deshalb, weil die Beklagte selbst auf die Sachverständigenkosten einen Betrag von 1.030,83 € gezahlt und lediglich einen Betrag von 292,09 € nicht beglichen hat, den erstgenannten Betrag also selbst als erforderlichen Betrag angesehen hat. Für einen verständigen Geschädigten ist aber – auch aufgrund der bereits dargestellten fehlenden Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten solcher Sachverständigenabrechnungen – nicht überprüfbar, ob solche Abweichungen, wie sie die Beklagte hier beanstandet (1.030,83 € anstatt 1.322,92 €), sich noch im Rahmen des Üblichen, Angemessenen und Erforderlichen halten oder nicht. Schon deshalb geht ein Irrtum des Geschädigten in diesen Größenordnungsbereichen zu Lasten des Schädigers. Der Einwand der Beklagten, für ein Gutachten der vorliegenden Art sei ein Aufwand von höchstens 1 1/2 Stunden notwendig und damit auch bei pauschalierter Abrechnung kein höherer Betrag als der, der sich aus diesem Stundenansatz ergeben kann, ist zudem rechtlich unzutreffend. Der Bundesgerichtshof hat die Abrechnung von Sachverständigen anhand einer an der Schadenshöhe orientierten Pauschale ausdrücklich gebilligt (BGH NJW 2006, 2472, 2474; BGH NJW 2007, 1450, 1452). Zwar rechtfertigt das naturgemäß nicht gänzlich willkürliche oder völlig überhöhte Pauschalen. Der Abrechnung nach einer solchen Pauschale kann aber, da diese sich zulässigerweise an der Höhe des entstandenen Schadens und eben nicht – wie eine Abrechnung nach Stunden – am tatsächlichen Aufwand orientiert, nicht entgegen gehalten werden, der tatsächliche Aufwand beschränke sich auf eine bestimmte Stundenzahl und eine über diesen Aufwand hinausgehende Pauschale sei unzulässig. Denn damit versucht die Beklagte lediglich, die Zulässigkeit der von der Versicherungswirtschaft nicht akzeptierten Pauschalen nach der Schadenshöhe auf einem Umweg wiederum auf den tatsächlichen Stundenaufwand zurückzuführen, mithin also die vom Bundesgerichtshof gebilligten Pauschalen auf diese Weise wieder aufzuheben. Zudem ist dieser Maßstab auch deshalb unzutreffend, weil die Pauschalen zulässigerweise auch das Haftungsrisiko des Sachverständigen bei Routinegutachten einbeziehen (BGH NJW 2006, 2472, 2474).

Der Einwand der Beklagten, bei einer Abrechnung nach einer Pauschale dürften Nebenkosten nicht gesondert geltend gemacht werden, greift ebenfalls nicht. Zum einen trifft das in dieser Allgemeinheit schon nicht zu (vgl. LG Saarbrücken, a.a.O., S, 8 = Bl. 60 d.A.). Zum anderen sind derartige Feinheiten der Abrechnung nach Auffassung der Kammer für einen verständigen Laien nicht zu erkennen. Zwar mag es vordergründig zutreffen, dass Kosten von 2,45 € netto je Foto und von 3,60 € netto Schreibgebühren je Seite jedenfalls für Personen, die öfter mit Abrechnungen von Sachverständigen zu tun haben, hoch erscheinen (vgl. die Abrechnung des Sachverständigen Bl. 104 dA). Das gilt aber nur bei isolierter Betrachtung dieser Positionen, für einen Laien ist – auch im Maßstab eines verständigen, wirtschaftlich denken Menschen – regelmäßig nicht nachzuvollziehen, welche sonstigen Kostenaufwendungen hinter der Fertigung von Fotos, deren Einfügung in das Gutachten und dem Ausdruck (etwa hinsichtlich der betätigten Geräte und deren Kosten) stehen. Gleiches gilt für Schreibkosten. Vor dem Hintergrund, dass diese Kosten hier ohnehin nur einen geringen Teil der Gesamtrechnung des Sachverständigen ausmachen, auf die allein sich der Blick des Geschädigten regelmäßig richten wird, kann er daraus eine willkürliche Überhöhung mangels hinreichender Sachkenntnis nicht ableiten.

Die Kosten sind daher erforderlich. Für ein Auswahl- oder sonstiges Mitverschulden der Klägerin gibt es keine Anhaltspunkte. Das stellt im Übrigen die Beklagte auch nicht rechtlos. Denn soweit sie der Meinung ist, die Sachverständigenkosten seien überhöht, kann sie sich entsprechende Erstattungsansprüche des Geschädigten gegen den Sachverständigen gemäß § 255 BGB abtreten lassen und diese selbst gegen den Sachverständigen geltend machen (OLG Nürnberg VRS 103, 321, 325, OLG Naumburg NZV 2006, 546, 548).

Gemäß § 250 S. 2 BGB kann die Klägerin insoweit unmittelbar auf Zahlung klagen.

Von diesen Beträgen ist die unstreitige Überzahlung von 47,12 € (Bl. 93 dA) in Abzug zu bringen, sodass sich bis hierher ein Betrag von weiteren 1.921,44 € ergibt.

2.4.
Die Klägerin hat weiterhin Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 1.028,- €. Der weitergehend geltend gemachte Nutzungsausfall unterlag der Abweisung.

Es steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass die Klägerin Eigentümerin des Fahrzeuges war und dieses auch bis zum Unfall – abgesehen vom Unfallzeitpunkt, zu dem sie sich in Urlaub befand und das Fahrzeug leihweise der … GmbH überlassen hatte – selbst genutzt hat (vgl. oben unter 2.2.). Ebenso ergibt sich aus dem Gutachten (Bl. 106 dA) und dem auf den dortigen Lichtbildern erkennbaren Schadensbild, dass das Fahrzeug nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit war.

Damit steht der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung zu (BGH NJW 2009, 1883, 1864). Dass bei ihr ein entsprechender Nutzungswille vorhanden war, hat die Beweisaufnahme schon dadurch bestätigt, dass die Klägerin das Fahrzeug vorher selbst genutzt hat und nach dem Unfall entweder – soweit diese gerade vorhanden waren – auf Fahrzeuge anderer Familienmitglieder zurückgreifen oder den Bus benutzen musste. Dies haben die Klägerin und der Zeuge … übereinstimmend angegeben. Es entspricht auch dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, da Fahrzeuge wie das hier Verunfallte ohne entsprechenden Nutzungswillen gar nicht erst angeschafft werden. Dass Dritte (hier: Ehemann und Kinder) jedenfalls teilweise unentgeltlich ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt haben, entlastet den Schädiger auch beim Nutzungsausfallschaden nicht (BGH NJW 1970, 1120, 1122; NJW 1975, 255, 258).

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass nach eigenen Angaben der Klägerin das verunfallte Fahrzeug ohnehin auf die … GmbH übertragen werden sollte. Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass in diesem Fall auch das Darlehen von der … GmbH übernommen oder abgelöst worden wäre, sodass die Klägerin ein anderes Fahrzeug hätte erwerben können, ohne doppelten Kosten ausgesetzt zu sein.
Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2013 darauf hingewiesen hat, dass bei einem wirtschaftlichen Totalschaden mit der Folge der Abrechnung anhand des Wiederbeschaffungsaufwandes kein Nutzungsausfall in Betracht kommt, ist das nicht zutreffend. Entscheidend für den Nutzungsausfall ist allein der Verlust der Nutzungsmöglichkeit trotz entsprechendem Nutzungswillen, der aber unabhängig davon eintritt, ob das Kfz infolge Reparatur nicht nutzbar ist oder weil wegen wirtschaftlichen Totalschadens ein neues Fahrzeug angeschafft werden muss. Auch im letzteren Fall hat der Geschädigte daher für die Zeitdauer, die für die Ersatzbeschaffung notwendig ist, Anspruch auf Nutzungsausfallersatz (Palandt/ Grüneberg, a.a.O., § 249 Rdnr. 41/37; Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 12 StVG Rdnr. 49 m.w.N.). Allenfalls mag in solchen Fällen der Nutzungswille zweifelhaft sein, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg kein Ersatzfahrzeug angeschafft wird. Hier ist aber die fehlende Ersatzanschaffung bis in das Frühjahr 2013 hinein von der Klägerin nachvollziehbar damit begründet worden, dass die Beklagte zunächst keine Zahlungen geleistet hat und die Klägerin die Aufwendungen für ein neues Fahrzeug daher neben der weiterlaufenden Bedienung der Darlehensraten für das verunfallte Fahrzeug nicht leisten konnte. Damit bleibt es beim festgestellten Nutzungswillen. Allenfalls für die Zeit nach Tilgung des Darlehens mag dieser Wille zweifelhaft sein. Für diesen Zeitraum macht die Klägerin aber auch keinen Nutzungsausfall geltend. Selbst wenn in diesem Zeitraum kein Nutzungswille mehr bestanden haben sollte, ändert das nichts daran, dass – wie festgestellt – im hier geltend gemachten Zeltraum von 27 Tagen nach dem Unfall ein solcher Nutzungswille bestand (vgl. KG NZV 2004, 470; Palandt/Grüneberg, a.a.O.). Aus den genannten Gründen steht der Umstand, dass bis heute kein Ersatzfahrzeug angeschafft wurde, dem geltend gemachten Nutzungsausfall nicht entgegen.

Der Höhe nach beläuft sich dieser auf 27 Tage zu je 38,- €, mithin auf 1.028,- €.

Für die Dauer sind 27 Tage anzusetzen. Im Allgemeinen ist eine Neubeschaffung innerhalb von 2-3 Wochen möglich, wobei der Geschädigte allerdings zunächst das Ergebnis des von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens abwarten darf. Dieses wurde hier am 18.10.2612 erstellt und am 23.10.2012 in Rechnung gestellt. Der geltend gemachte Zeitraum von 27 Tagen ist daher nicht zu beanstanden.

Der Höhe nach sind allerdings lediglich 38,- € / Tag anzusetzen. Die Höhe des Nutzungsausfalles kann die Kammer nach § 287 ZPO anhand der Tabellen nach Sanden / Danner schätzen (BGH NJW 2005, 277,/278; NJW 2005, 1044). Danach gehört das verunfallte Fahrzeug (Honda Civic 1.8 Sport) zur Gruppe E mit 43,- € / Tag Nutzungsausfall, war allerdings nahezu 5 Jahre alt, weshalb ein Abschlag auf die Gruppe D mit einem Tagessatz von 38,- € / Tag angemessen ist

2.5.
Die Klägerin hat weiterhin Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten berechnet aus dem Streitwert, der sich als berechtigt erwiesen hat (BGH NJW 2008, 1888 f.). Das ergibt hier angesichts der berechtigten Forderung von 11.022,92 € (der Nutzungsausfall war nicht Gegenstand der vorgerichtlichen Geltendmachung) insgesamt 430,60 € (0,65 Geb. aus Streitwert bis 13.000,- € = 0,85 x 528,- € = 341,10 € zzgl. Pauschale 20,- € zzgl. USt), wovon nach der unstreitigen Zahlung von 401,72 € noch 28,94 € verbleiben.

Die Verzinsungspflicht ergibt sich jeweils aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 91a ZPO. Das Unterliegen der Klägerin ist geringfügig und hat keine besonderen Kosten verursacht. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, hat die Beklagte die Kosten zu tragen, da sie ohne die Erledigungserklärung – wie die Erfüllung der insoweit auch unbestrittenen Ansprüche der Klägerin belegt – in der Hauptsache unterlegen gewesen wäre.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1, 108 ZPO.



Vorsitzender Richter an Landgericht


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14.05.2013 Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit bei fiktiver Abrechnung erst im Rechtsstreit
BGH VI ZR 320/12

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 31. Mai 2012 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen.

Tatbestand

Der Kläger macht nach einem Verkehrsunfall den ihm entstandenen Fahrzeugschaden geltend. Der beklagte Versicherer ist unstreitig eintrittspflichtig. Der Kläger hat eine Reparatur in Eigenregie durchgeführt. Er hat den Schaden gegenüber der Beklagten fiktiv auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens abgerechnet. Die Beklagte hat den Schadensbetrag aufgrund eines eigenen Prüfgutachtens um 1.197,22 € gekürzt (davon entfallen 107,40 € auf fiktive Verbringungskosten). Vorprozessual hat sie den Kläger auf günstigere Stundenverrechnungssätze von Referenzwerkstätten verwiesen, ohne diese konkret zu benennen. In erster Instanz hat sie sodann konkrete Werkstätten benannt, die unstreitig zu den von der Beklagten angesetzten Kosten repariert hätten. 1 Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger noch im vorliegenden Rechtsstreit auf die preisgünstigeren Referenzwerkstätten verwiesen werden konnte, ferner über die Ersatzfähigkeit der geltend gemachten fiktiven Verbringungskosten.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageanspruch weiter.

 

Gründe

I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Verweisung des Schädigers bzw. seines Haftpflichtversicherers auf kostengünstigere Referenzwerkstätten im Fall der fiktiven Schadensabrechnung noch im Rechtsstreit möglich. Eine Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Geschädigten sei weder im Allgemeinen ersichtlich noch im vorliegenden Fall vorgetragen. Der Kläger trage bereits nicht vor, dass er sich bei einem Hinweis der Beklagten zu einem vor Durchführung der Reparatur gelegenen Zeitpunkt zu einem abweichenden Vorgehen bei der Schadensbehebung entschieden hätte.

Der Anspruch auf fiktive Verbringungskosten bestehe bereits deshalb nicht, weil der Kläger dazu weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren substantiiert vorgetragen habe.

II.
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

1. Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der Schädiger den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, noch im Rechtsstreit auf günstigere Reparaturmöglichkeiten in einer Referenzwerkstatt verweisen kann, ist nicht zu beanstanden.


a) Der Geschädigte darf, sofern die Voraussetzungen für eine fiktive Schadensberechnung vorliegen, dieser grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Senatsurteile vom 29. April 2003 - VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1, 4 - Porsche-Urteil; vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, BGHZ 183, 21 Rn. 7 f. - VW-Urteil; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08, VersR 2010, 1096 Rn. 6 - Audi-Quattro-Urteil; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 337/09, VersR 2010, 1097 Rn. 6 - Mercedes-A 170-Urteil). Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht grundsätzlich ein Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der in einer markengebundenen Vertragswerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob der Geschädigte den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (vgl. z.B. Senatsurteile vom 23. März 1976 - VI ZR 41/74, BGHZ 66, 239, 241; vom 29. April 2003 - VI ZR 398/02, BGHZ 155, 1, 3). Allerdings ist unter Umständen ein Verweis des Schädigers auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen anderen markengebundenen oder "freien" Fachwerkstatt möglich, wenn der Schädiger darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht und der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt un-6 zumutbar machen (Senatsurteile vom 20. Oktober 2009 - VI ZR 53/09, aaO Rn. 12 ff. - VW-Urteil; vom 23. Februar 2010 - VI ZR 91/09, VersR 2010, 923 Rn. 9, 11 - BMW-Urteil; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 302/08, VersR 2010, 1096 Rn. 7 - Audi-Quattro-Urteil; vom 22. Juni 2010 - VI ZR 337/09, VersR 2010, 1097 Rn. 7 - Mercedes-A 170-Urteil; vom 13. Juli 2010 - VI ZR 259/09, VersR 2010, 1380 Rn. 7 - Mercedes-A 140-Urteil).


b) Hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem der Verweis spätestens erfolgen muss, bestehen unterschiedliche Auffassungen. Vertreten wird etwa, der Kfz-Haftpflichtversicherer könne den Unfallgeschädigten bei fiktiver Abrechnung des Unfallschadens an einem fünf Jahre alten Fahrzeug auch noch zu einem späteren Zeitpunkt, der mehrere Wochen nach dem Unfall liege, und zu dem das Fahrzeug bereits repariert worden sei, auf eine von ihm konkret benannte und dem Geschädigten zumutbare und zugängliche, technisch gleichwertige, aber kostengünstigere Reparaturmöglichkeit verweisen, es sei denn, der Geschädigte habe das Fahrzeug in einer markengebundenen Fachwerkstatt reparieren lassen (z.B. OLG Braunschweig, Urteil vom 27. Juli 2010 - 7 U 51/08, juris Rn. 18). Zum Teil wird es für ausreichend gehalten, dass im Fall der fiktiven Schadensberechnung der Schädiger auch noch erstmals im Prozess auf eine günstigere Werkstatt verweist (LG Frankfurt, Urteil vom 19. Januar 2011 - 2-16 S 121/10, juris; LG Stuttgart, Urteil vom 19. Juli 2010 - 4 S 48/10, juris Rn. 14; AG Flensburg, Urteil vom 8. Januar 2013 - 62 C 131/12, juris Rn. 8 ff.; AG Nordhorn, Urteil vom 19. Juni 2012 - 3 C 1596/11, juris Rn. 28 ff.). Die Möglichkeit, erst im Prozess auf freie Werkstätten zu verweisen, wird von anderen abgelehnt, wobei u.a. darauf abgestellt wird, der Verweis müsse in dem Zeitpunkt bekannt sein, in dem der Geschädigte gewöhnlich seine Dispositionsentscheidung treffe, also zeitnah nach dem Unfall (vgl. LG Kiel, Urteil vom 25. November 2011 - 1 S 37/11, juris Rn. 23 ff.; LG Frankenthal, Urteil vom 7. März 2012 - 2 S 180/11, juris Rn. 7 ff.; AG Hechingen, Urteil vom 28. Juni 2012 9

- 2 C 416/11, juris Rn. 16 ff.; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juni 2008 - I-1 U 246/07, DAR 2008, 523, 525; Nugel, jurisPR-VerkR 18/2008 Anm. 1).

c) Nach Ansicht des erkennenden Senats ist der Verweis noch im Rechtsstreit möglich, soweit dem nicht prozessuale Gründe, wie die Verspätungsvorschriften, entgegenstehen.

Für den Geschädigten, der fiktiv abrechnet, ist es im Prinzip unerheblich, ob und wann der Versicherer auf die alternative Reparaturmöglichkeit verweist. Dem steht nicht entgegen, dass der Geschädigte nicht verpflichtet ist, zu den von ihm tatsächlich veranlassten oder auch nicht veranlassten Herstellungsmaßnahmen konkret vorzutragen. Entscheidend ist, dass in solchen Fällen der objektiv zur Herstellung erforderliche Betrag ohne Bezug zu tatsächlich getätigten Aufwendungen zu ermitteln ist. Der Geschädigte disponiert dahin, dass er sich mit einer Abrechnung auf dieser objektiven Grundlage zufrieden gibt. Hinweise der Schädigerseite auf Referenzwerkstätten dienen hier nur dazu, der in dem vom Geschädigten vorgelegten Sachverständigengutachten vorgenommenen Abrechnung entgegenzutreten.

2. Die Revision greift das Berufungsurteil hinsichtlich der fiktiven Verbringungskosten nur mit grundsätzlichen Erwägungen an. Damit kann sie keinen Erfolg haben.

Sie stellt das Berufungsurteil nicht in Frage, soweit dort ausgeführt ist, der Kläger habe zu den Verbringungskosten in den Tatsacheninstanzen nicht ansatzweise substantiiert vorgetragen. Ohne Erfolg macht sie geltend, der Kläger habe auf die fehlende Substantiierung seines Vortrags gemäß § 139 ZPO hingewiesen werden müssen. Die Beklagte hatte bereits in der Klageerwiderung zu den Verbringungskosten vorgetragen. Im Hinblick darauf und auf die 10 aufgrund zahlreicher Fundstellen ersichtliche Rechtslage (vgl. etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. Juni 2008 - 1 U 246/07, DAR 2008, 523, 526; Urteil vom 6. März 2012 - 1 U 108/11, Schaden-Praxis 2012, 324, 325; LG Kiel, Urteil vom 15. Februar 2010 - 1 S 107/09, DAR 2010, 270; LG Dortmund, Urteil vom 28. November 2008 - 17 S 68/08, ZfS 2009, 265, 266; AG Ansbach, Urteil vom 15. Juni 2009 - 2 C 1085/08, Schaden-Praxis 2010, 190; AG Nürnberg, Urteil vom 24. Juli 2009 - 35 C 785/09, Schaden-Praxis 2010, 190; MünchKomm BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 372; Eggert, Verkehrsrecht aktuell 2007, 141, 144) waren die Vorinstanzen zu einem Hinweis nicht verpflichtet.

Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz Vorinstanzen:
AG Bremerhaven, Entscheidung vom 11.10.2011 - 52 C 922/11 -
LG Bremen, Entscheidung vom 31.05.2012 - 6 S 323/11

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05.02.2013 Umsatzsteuer auch bei Ersatzbeschaffung nach KFZ-Unfall mit Reparaturschaden
BGH VI ZR 363/11

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 16. November 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte hat dem Kläger unstreitig den bei einem Verkehrsunfall am 20. Dezember 2009 entstandenen Schaden in vollem Umfang zu ersetzen. Die Parteien streiten um die Ersatzfähigkeit geltend gemachter Umsatzsteuer, Nutzungsausfallentschädigung und Standkosten.
Das Fahrzeug des Klägers war nach dem Unfall nicht mehr fahrbereit und nicht mehr verkehrssicher. Die Scheiben waren zerbrochen. Es wurde, nachdem es zunächst bis zum 22. Dezember 2009 von der Polizei sichergestellt und untergestellt worden war, in eine Werkstatt geschleppt und dort zur Begutachtung und Schadensfeststellung durch einen Sachverständigen belassen. Der Kläger beauftragte den Sachverständigen am 23. Dezember 2009. 1 Das vom Sachverständigen erstellte Gutachten erreichte den Kläger am 4. oder 5. Januar 2010. In dem Gutachten wurden Reparaturkosten in Höhe von 9.768,94 € netto zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 1.856,10 € kalkuliert. Der Sachverständige bezifferte den Restwert auf 12.600 € und den Wiederbeschaffungswert auf 30.000 € (brutto). Der Kläger ließ sein Fahrzeug nicht reparieren, sondern verkaufte es und erwarb unter dem 7. Januar 2010 ein Ersatzfahrzeug zum Kaufpreis von 25.592,44 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.862,56 €. Die Beklagte regulierte den Fahrzeugschaden auf der Basis der Nettoreparaturkosten und zahlte für 16 Tage Nutzungsausfall in Höhe von täglich 59 €.


Der Kläger hat Zahlung der auf Reparaturkostenbasis kalkulierten Umsatzsteuer (1.856,10 €), restliche Standgebühren in Höhe von 71,39 € und Nutzungsausfall für weitere 10 Tage in Höhe von 590 € verlangt.
Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

 

Gründe

I.
Das Berufungsgericht führt im Wesentlichen aus:
Der Kläger habe einen Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer in Höhe von 1.856,10 € gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die bei der Ersatzbeschaffung tatsächlich aufgewendeten Umsatzsteuerbeträge seien auch dann erstattungsfähig, wenn keine Umsatzsteuer auf die Reparatur angefallen sei, weil der Geschädigte auf der Basis fiktiver Reparaturkosten abrechne. Nach § 249 Abs. 2 3 Satz 2 BGB schließe der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer zwar nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen sei. Nach dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung sei die Umsatzsteuer aber bei einer Fallgestaltung wie der vorliegenden zu ersetzen. Nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB könne die Restitution durch Herstellung der beschädigten Sache selbst oder durch Beschaffung einer gleichartigen und gleichwertigen Ersatzsache erfolgen. Erforderlich sei lediglich, dass die Umsatzsteuer zur Herstellung im Sinne des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB angefallen sei. Eine Einschränkung auf eine bestimmte Art und Weise der Herstellung enthalte die Vorschrift nicht. Nach der Gesetzesbegründung solle der Geschädigte den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer auch dann nicht verlieren, wenn er das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletze und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wähle, der den geringsten Aufwand erfordere, wenn auch auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfalle. So liege der Fall hier. Der Anspruch sei jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei Wahl des wirtschaftlich günstigeren Weges angefallen wäre.


Der Kläger habe auch einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für weitere zehn Tage, nämlich für den Zeitraum vom 6. bis zum 15. Januar 2010 in Höhe von insgesamt 590 €. Der Geschädigte, der das Fahrzeug nicht reparieren lasse, sondern auf Basis fiktiver Reparaturkosten abrechne, könne nur für den Zeitraum eines tatsächlichen Ausfalls Entschädigung verlangen, wenn ein Nutzungswille bestehe. Das Fahrzeug des Klägers sei nicht fahrbereit und deshalb tatsächlich nicht nutzbar gewesen. Es habe auch ein Nutzungswille bestanden. Insoweit habe sich der Kläger zumindest konkludent die Aussage der Zeugin N. zu Eigen gemacht, wonach ein Kraftfahrzeug benötigt worden sei und sich der Kläger und die Zeugin nur durch Überlassung des Fahrzeugs des Vaters hätten behelfen können. Der Anspruch habe für die im Gutachten angegebene Reparaturdauer, beginnend ab Zugang des Gutach-7 tens, bestanden. Bei fiktiver Schadensberechnung könne der Geschädigte für die im Gutachten veranschlagte Zeit Nutzungsentschädigung verlangen. Der Kläger habe jedoch zunächst den Zugang des Gutachtens abwarten können, um zu entscheiden, ob er das Fahrzeug reparieren lasse oder Ersatz beschaffe. Für den Zeitraum bis zum Zugang des Gutachtens könne er unabhängig davon, welche Art des Schadensersatzes er am Ende wähle, Entschädigung verlangen. Ausgehend vom Zugang des Gutachtens am Montag, dem 4. Januar 2010, und einer Reparaturdauer von acht Werktagen laut Gutachten stehe ihm eine Nutzungsentschädigung mindestens bis einschließlich 15. Januar 2010 zu (acht Arbeitstage zzgl. Wochenende).


Auch die Standgebühren in Höhe von 71,39 € seien zu ersetzen. Die Standgebühren stellten einen unfallbedingten Schaden dar. Der Kläger habe das Fahrzeug, welches nicht mehr fahrbereit gewesen sei und dessen Scheiben zerstört gewesen seien, nicht auf der Straße stehenlassen können, sondern habe es unterstellen müssen. Dabei sei es naheliegend gewesen, das Fahrzeug in eine Werkstatt zu bringen. Dass der Kläger von vornherein nicht vorgehabt hätte, das Fahrzeug reparieren zu lassen, sei Spekulation.


II.
Die dagegen gerichtete Revision ist unbegründet.
1. Mit Recht bejaht das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der anteiligen Umsatzsteuer.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung: Die Reparatur 8 des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines "gleichwertigen" Ersatzfahrzeugs. Unter den zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten der Naturalrestitution hat der Geschädigte jedoch grundsätzlich diejenige zu wählen, die den geringsten Aufwand erfordert. Dieses sogenannte Wirtschaftlichkeitspostulat findet gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB seinen gesetzlichen Niederschlag in dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit, ergibt sich aber letztlich schon aus dem Begriff des Schadens selbst. Darüber hinaus findet das Wahlrecht des Geschädigten seine Schranke an dem Verbot, sich durch Schadensersatz zu bereichern. Denn auch wenn er vollen Ersatz verlangen kann, soll der Geschädigte an dem Schadensfall nicht "verdienen" (vgl. Senatsurteile vom 29. April 2003 - VI ZR 393/02, BGHZ 154, 395, 397 f.; vom 15. Februar 2005 - VI ZR 70/04, BGHZ 162, 161, 164 f.; vom 7. Juni 2005 - VI ZR 192/04, BGHZ 163, 180, 184; vom 6. März 2007 - VI ZR 120/06, BGHZ 171, 287 Rn. 6; vom 22. September 2009 - VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 7).
b) Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot hätte sich der Kläger für eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis entscheiden müssen. Allerdings steht es dem Geschädigten frei, dem Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur eine höherwertige Ersatzsache zu erwerben. In diesem Fall kann er aber nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot die (tatsächlich angefallenen) Kosten der Ersatzbeschaffung nur bis zur Höhe der Reparaturkosten verlangen, weil eine Reparatur den geringsten Aufwand zur Schadensbeseitigung erforderte.
c) Damit ist allerdings die Frage, ob der Kläger unter den Umständen des vorliegenden Falls den Ersatz anteiliger Umsatzsteuer verlangen kann, noch nicht beantwortet. 12 Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Mit dieser durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl. I 2674) eingeführten gesetzlichen Regelung wollte der Gesetzgeber nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustands tatsächlich angefallen ist. In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat.

Bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen entfällt nach der Absicht des Gesetzgebers die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten. Umsatzsteuer soll nur noch ersetzt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt.
Fällt dafür allerdings tatsächlich Umsatzsteuer an, so ist diese im angefallenen Umfang zu ersetzen. Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa beim Kauf von privat - keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. In diesem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt. Dementsprechend hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass 14 eine Erstattung der Umsatzsteuer dann nicht erfolgt, wenn der Geschädigte weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist (vgl. Senatsurteil vom 22. September 2009 - VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554 Rn. 11 mwN).
d) So liegt der Streitfall indes nicht. Hier handelt es sich um eine konkrete Schadensabrechnung auf der Grundlage der Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs. Zuzüglich zum Kaufpreis in Höhe von 25.592,44 € hat der Kläger darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 4.862,56 € bezahlt. Zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist also tatsächlich Umsatzsteuer angefallen. Zwar ist der tatsächlich aufgewendete Umsatzsteuerbetrag höher als der, der bei Durchführung der Reparatur angefallen wäre. Der Kläger verlangt aber auch nicht Ersatz dieses höheren Betrages, sondern nur Ersatz der Umsatzsteuer, die bei Durchführung einer Reparatur angefallen wäre (vgl. zu dieser Fallgestaltung z.B. LG Arnsberg, NJW 2011, 158 f.; LG Aschaffenburg, zfs 2011, 563 f.; LG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2010 - 13 S 5/10, juris Rn. 20 ff.; BeckOK BGB/Schubert, Stand: 1. März 2011, § 249 Rn. 242; MünchKomm-BGB/Oetker, 6. Aufl., § 249 Rn. 468; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 249 Rn. 26; Jahnke in Burmann/Hess/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 249 Rn. 267; K. Schneider in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, 30. ErgLief., 5. Sachschaden/B. Der Fahrzeugschaden im Einzelnen, Rn. 73; Schiemann/Haug, VersR 2006, 160, 165 f. bei Fn. 53, 54).
e) Unter den Umständen des Streitfalls ist dies nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht der Revision findet keine Kombination von konkreter und fiktiver Schadensabrechnung statt. Nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB schließt der zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB) die 17 Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/7752 S. 24):
"Nach der Neuregelung bleibt auch die Möglichkeit bestehen, dem von der Rechtsprechung konkretisierten Wirtschaftlichkeitspostulat nicht zu folgen, sondern eine andere Art der Wiederherstellung zu wählen und auf der Basis der wirtschaftlich gebotenen Wiederherstellung fiktiv abzurechnen. So kann der Geschädigte nach wie vor etwa eine höherwertige Ersatzsache anschaffen. Er kann auch statt einer wirtschaftlich gebotenen Reparatur Ersatz beschaffen oder statt einer wirtschaftlich gebotenen Ersatzbeschaffung eine Reparatur vornehmen. In jedem Fall kann er jedoch wie bisher nur die Kosten für die wirtschaftlich gebotene Wiederherstellung verlangen.
In diesen Fällen kommt es für den Ersatz der Umsatzsteuer nur darauf an, ob sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands angefallen ist, nicht aber welchen Weg der Geschädigte zur Wiederherstellung beschritten hat. Auch wenn der Geschädigte das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletzt und nicht den zumutbaren Weg zur Schadensbeseitigung wählt, der den geringeren Aufwand erfordert, so verliert er damit nicht den Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer, wenn auf dem von ihm gewählten Weg Umsatzsteuer anfällt. Sein Anspruch ist jedoch auf den Umsatzsteuerbetrag begrenzt, der bei dem wirtschaftlich günstigeren Weg angefallen wäre:
Fällt bei der konkreten Wiederherstellung Umsatzsteuer auf das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung an (§ 10 Abs. 1 UStG), kann sie bis zur Höhe des Umsatzsteuerbetrages verlangt werden, der bei der wirtschaftlich günstigeren Wiederherstellung angefallen wäre, gleichviel, ob bei dieser Abrechnung auf der Basis des wirtschaftlich günstigeren Weges ebenfalls das Entgelt für die Reparatur oder Ersatzbeschaffung (§ 10 Abs. 1 UStG) oder die Differenz zwischen Händlereinkaufs- und Händlerverkaufspreis (§ 25a UStG) als Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer zugrunde gelegt wird."
Im Streitfall war die Reparatur die wirtschaftlich günstigere Wiederherstellung. Deshalb kann der Kläger Ersatz der Umsatzsteuer in der begehrten Höhe verlangen.


2. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Ersatz weiteren Nutzungsausfallschadens.
a) Nach den tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger für eine zügige Regulierung des Unfalls unter Berücksichtigung der Weihnachtstage und des Jahreswechsels das Erforderliche getan.
Der Anspruch auf Ersatz des Nutzungsausfalls besteht für die erforderliche Ausfallzeit, d.h. für die notwendige Reparatur- bzw. Wiederbeschaffungsdauer zuzüglich der Zeit für die Schadensfeststellung und gegebenenfalls einer angemessenen Überlegungszeit (vgl. Jahnke in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl., § 249 BGB Rn. 167 ff. mwN). Die vom Berufungsgericht angenommene Ausfallzeit bis zum 15. Januar 2010 ist angesichts der getroffenen Feststellungen im Hinblick auf die Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel und die Wochenenden sowie des erst Anfang Januar zugänglichen schriftlichen Gutachtens nicht zu beanstanden. Die Revision zeigt nicht Parteivortrag auf, wonach das Ersatzfahrzeug dem Kläger - abweichend von der von ihm behaupteten Ausfallzeit - bereits früher zur Verfügung stand. Dem Vortrag der Beklagten, auf den die Revision verweist, lässt sich auch nicht entnehmen, dass für den Kläger die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen am 23. Dezember 2009 eine ausreichend sichere Beurteilungsgrundlage bildeten, die ihn hätten veranlassen müssen, auch ohne schriftliches Gutachten die Entscheidung darüber zu treffen, ob ein Reparaturauftrag zu erteilen oder ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen war. 19 b) Dass, wie die Revision geltend macht, der Kläger die Möglichkeit hatte, zur Überbrückung des Fahrzeugausfalls kostenfrei auf das Fahrzeug seines Vaters zuzugreifen, beseitigt den eingetretenen Schaden nicht. Nach dem Rechtsgedanken des § 843 Abs. 4 BGB wird der Schädiger nicht durch eine (freiwillige) Leistung Dritter entlastet, die ihm nach dem Sinn der schadensrechtlichen Vorschriften nicht zugute kommen soll. Dies gilt auch für den Nutzungsausfallschaden (vgl. Senatsurteile vom 17. März 1970 - VI ZR 108/68, NJW 1970, 1120, 1122; vom 19. November 1974 - VI ZR 197/73, VersR 1975, 261, 262; OLG Koblenz, Schaden-Praxis 2012, 259 f.; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 251 Rn. 80 f.). Insofern ist die Senatsrechtsprechung, wonach Nutzungsausfall für ein beschädigtes Kraftfahrzeug nicht fordern kann, wer (selbst) über mindestens ein zweites derzeit ungenutztes Fahrzeug verfügt, dessen ersatzweiser Einsatz ihm zuzumuten ist (Senatsurteil vom 14. Oktober 1975 - VI ZR 255/74, NJW 1976, 286), nicht einschlägig (vgl. Senatsurteil vom 19. November 1974 - VI ZR 197/73, aaO).


3. Ohne Rechtsfehler bejaht das Berufungsgericht auch einen Anspruch des Klägers auf Ersatz der restlichen Standkosten.
Mit Recht stellt das Berufungsgericht darauf ab, dass ein nicht mehr fahrbereites Kraftfahrzeug mit zerstörten Scheiben nicht irgendwo auf der Straße abgestellt werden kann, sondern untergestellt werden muss. Das sichere Unterstellen in einer Kfz-Werkstatt ist eine nahe liegende und angemessene Maßnahme. Die dafür anfallenden Kosten sind erstattungsfähig. Dass sie diejenigen übersteigen, die für eine gewerbliche Abstellmöglichkeit, etwa in einem Parkhaus, angefallen wären, hat die für eine Verletzung der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) darlegungs- und beweispflichtige Beklagte auch mit der Revision nicht konkret vorgetragen. Entgegen den Ausführungen der Revision ist es nicht Sache des Klägers, insoweit Ermittlungen anzustellen und de-23 ren Ergebnis vorzutragen. Der Zeitraum des Verbleibs des Fahrzeugs ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts angesichts der Feiertage zu Weihnachten und zum Jahreswechsel und der Wochenenden sowie des erst Anfang Januar zugänglichen schriftlichen Gutachtens nicht zu beanstanden.


Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr Vorinstanzen:
AG Luckenwalde, Entscheidung vom 07.04.2011 - 12 C 414/10 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 16.11.2011 - 7 S 49/11 -

pdf Umsatzsteuer_auch_bei_Ersatzbeschaffung_nach_KFZ.pdf (0.06 MB)

05.06.2013 Mitverschulden a. G. Nichttragens eines Fahrradhelms

Tenor

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 80 % des materiellen und immateriellen Schadens zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Verkehrsunfall vom 7. April 2011 in G. entstanden ist und noch entsteht soweit er nicht bereits auf Dritte übergegangen ist bzw. übergehen wird.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten 80 % und die Klägerin 20 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Der Berufungsstreitwert wird auf 6.000,00 € festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt Feststellung der Schadensersatzverpflichtung aus einem Verkehrsunfall, der sich am 7. April 2011 in der C.-Straße in G. ereignete.
Am Unfalltage befuhr die Klägerin gegen 15:45 Uhr mit ihrem Fahrrad die C.-Straße in G. in Richtung Zentrum auf dem Weg zu ihrer dort befindlichen physiotherapeutischen Praxis. Die Klägerin trug keinen Fahrradhelm. Am rechten Fahrbahnrand parkte die Beklagte zu 1) mit ihrem Pkw BMW, der bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist. Die Beklagte zu 1) öffnete unmittelbar vor der sich nähernden Klägerin die Fahrertür ihres PKW, so dass die Klägerin nicht mehr ausweichen konnte und gegen die Fahrertür fuhr. Die Klägerin stürzte zu Boden, fiel auf den Hinterkopf und zog sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zu, nämlich einen zweifachen Schädeldachbruch am Stirnbein und hohen Scheitelbein linksseitig und Blutungen sowie Hirnquetschungen rechtsseitig.
Sie befand sich bis zum 16. Juni 2011 in stationärer Krankenhausbehandlung – zunächst in Flensburg und ab dem 18. April 2011 in Hamburg/Boberg.
Zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils dauerte die Behandlung der Klägerin in ambulanter Weise fort. Ab dem 8. August 2011 hatte die Klägerin mit einem täglichen Arbeitseinsatz von 4 Stunden ihre Tätigkeit als Physiotherapeutin im Rahmen einer Belastungsprobe, vergleichbar dem Hamburger Modell, wieder aufgenommen.


Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte zu 1) den Unfall allein verursacht hat. Streitig ist allein die Frage, ob die Klägerin ein Mitverschulden trifft, weil sie beim Fahrradfahren keinen Helm getragen hatte.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus dem Verkehrsunfall vom 07.04.2011 in G. entstanden ist und noch entsteht und soweit er nicht bereits auf Dritte übergegangen ist bzw. übergehen wird.
Die Beklagten haben beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie sind der Auffassung, dass die Klägerin an der Entstehung der Kopfverletzung ein Mitverschulden von 50 % treffe, weil sie keinen Schutzhelm getragen habe. Ihre hälftige Eintrittspflicht hat die Beklagte außergerichtlich anerkannt.
Das Landgericht hat der Klage ohne Beweisaufnahme vollumfänglich stattgegeben mit der Begründung, die Klägerin treffe kein Mitverschulden, da es eine allgemeine Helmpflicht nicht gäbe und sie ihr Fahrrad (im Gegensatz zu Rennradfahrern) als gewöhnliches Fortbewegungsmittel genutzt habe.


Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie machen geltend, dass die Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Schädel-Hirntrauma erlitten hätte, wenn sie einen geeigneten Fahrradhelm getragen hätte.
Es entspreche dem Alltagswissen, dass das Risiko von Kopfverletzungen beim Fahrradfahren durch das Tragen eines Helms vermindert werden könne. Gerade der "normale" Radfahrer im alltäglichen Straßenverkehr sei den größten Risiken eines Unfalls ausgesetzt, so dass gerade er gehalten sei, einen Fahrradhelm zu tragen. Ein Mitverschulden setze nicht voraus, dass eine gesetzliche Helmpflicht bestehe, vielmehr käme es darauf an, dass die Klägerin durch das Unterlassen des Tragens eines Helmes beim Radfahren im öffentlichen Straßenverkehr dem Gebot, die eigenen Interessen zu wahren und dabei Sorgfalt walten zu lassen, in vorwerfbarer Weise zuwider gehandelt habe.
Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Der Senat hat zu der Frage, ob die von der Klägerin als Radfahrerin bei dem Unfall vom 7. April 2011 erlittenen Kopfverletzungen auch dann ebenso schwer gewesen wären, wenn die Klägerin einen Helm getragen hätte, Beweis erhoben durch Einholung eines neurologischen Sachverständigengutachtens des Leitenden Arztes für Neurologie Dr. A. G (…).


II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.
1.) Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage ist nach wie vor zulässig, da ihr Feststellungsinteresse zumindest bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht im Dezember 2011 vorgelegen hat. Zu jenem Zeitpunkt war es der Klägerin noch nicht möglich, eine bezifferte Leistungsklage zu erheben, weil ihre ärztliche Behandlung und ihre berufliche Wiedereingliederung noch nicht abgeschlossen waren.
Dies hat sich inzwischen geändert, denn es sind seither anderthalb Jahre vergangen und die Klägerin übt mittlerweile wieder vollumfänglich ihren Beruf als selbständige Physiotherapeutin aus. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Anspruchsteller aber
- jedenfalls in zweiter Instanz - nicht gezwungen, zu bezifferter Leistungsklage überzugehen, wenn diese nachträglich möglich geworden ist (BGH, Urt. v. 17.10.2003, V ZR 84/02, NJW-RR 2004,79 mwN).


2.) Zutreffend hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen die Beklagten aus §§ 7, 18 StVG und bzgl. der Beklagten zu 2) zusätzlich aus § 115 VVG, bejaht.

Die Beklagte zu 1) hat gegen ihre Sorgfaltspflichten aus § 14 Abs. 1 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift hatte sie sich beim Aussteigen aus ihrem Kraftfahrzeug so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Es handelt sich dabei um die höchste Sorgfaltsanforderung, die das Straßenverkehrsrecht kennt. Vor dem Öffnen der Fahrertür hätte die Beklagte zu 1) den rückwärtigen Verkehrsraum beobachten müssen, etwa durch Blicke in den Rück- und Außenspiegel und nach hinten über die Schulter, um festzustellen, ob sich jemand von hinten nähert. Dies hat sie unstreitig nicht getan, sondern unmittelbar vor der herannahenden Klägerin die Fahrertür vollständig geöffnet, so dass die Klägerin mit dem Fahrrad gegen die sich öffnende Pkw-Tür fuhr und zu Boden stürzte. Dies stellt ein grob fahrlässiges Verhalten der Beklagten zu 1) dar.

3.) Zu Unrecht hat das Landgericht aber ein Mitverschulden der Klägerin nach §§ 9 StVG, 254 Abs. 2 BGB an dem Zustandekommen des konkreten Schadens, hier der Kopfverletzung, verneint. Vielmehr liegt ein Mitverschulden der Klägerin darin begründet, dass sie keinen Helm getragen und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen hat (sog. Verschulden gegen sich selbst).
a) Das Nichttragen eines Schutzhelmes war kausal für das Ausmaß der Kopfverletzungen, die die Klägerin durch den Unfall vom 07.04.2011 erlitten hat. So ist schon mit der herrschenden Meinung (BGH, Urt. v. 25.01.1983, VI ZR 92/81, NJW 1983, 1380; OLG Stuttgart VRS 97, 15; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 21 a StVO, Rn 22 mwN) davon auszugehen, dass der Anscheinsbeweis für einen Kausalzusammenhang zwischen Nichtbenutzung des Helmes und der eingetretenen Kopfverletzung spricht, wenn ein Radfahrer bei einem Unfall – wie im vorliegenden Fall – Kopfverletzungen erleidet, vor denen der Schutzhelm gerade schützen soll.
Zudem steht der Kausalzusammenhang nach dem Ergebnis des vom Senat eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachtens des Facharztes für Neurologie Dr. G vom 26.11.2012 und seinen ergänzenden Erläuterungen vom 08.03.2013 fest. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die Verletzungsfolgen mit Blutungen innerhalb und außerhalb des Schädels, sowie die Hirnverletzung des Scheitellappens und beider Schläfenlappen und insbesondere die Schädelbrüche auf eine massive Gewalteinwirkung auf den Kopf der Klägerin hindeuteten mit dem Ergebnis eines mittelschweren bis schweren Schädel-Hirn-Traumas. Das Verletzungsmuster spreche dabei für eine überwiegend lineare Akzeleration und Krafteinwirkung in Längsrichtung des Kopfes. Gerade bei linearen Krafteinwirkungen mit entsprechenden Hirnquetschungen an den Grenzen des Schädels und bei Schädelbrüchen böten Fahrradhelme (im Gegensatz zu Verletzungen durch Rotationsbeschleunigungen des Kopfes oder durch penetrierende Gewalteinwirkung) den größten Schutz. Die Helme hätten die Funktion einer Knautschzone, welche die stumpf einwirkenden Energien absorbierten. Die Kraft des Aufpralls würde auf eine größere Fläche verteilt und dadurch abgemildert.
Damit wäre die Wahrscheinlichkeit eines Schädelbruchs verringert und die Bewegung des Gehirns gebremst, das auf der gegenüberliegenden Seite eine weniger starke Quetschung erführe (sog. Contre-coup-Verletzung). Da Fahrradhelme naturgemäß ihre größte Schutzwirkung bei leichten bis mittelgradigen Traumen entfalten würden und beim Fahrradsturz der Klägerin nach Art und Schwere eine starke Krafteinwirkung auf den Kopf stattgefunden habe, hätte ein Helm das Trauma zwar nicht verhindern, aber zumindest in einem gewissen Umfang verringern können.
b) Entgegen der bisher herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. OLG Karlsruhe NZV 1991, 25; OLG Nürnberg DAR 1991, 173; OLG Stuttgart VRS 97, 15, 18; OLG Nürnberg DAR 1999, 507; OLG Hamm NZV 2001, 86; OLG Hamm NZV 2002, 129, 131;OLG Düsseldorf NZV 2007, 619; OLG Saarbrücken NZV 2008, 202, 303) begründet nach Auffassung des Senats das Radfahren ohne Schutzhelm bei einer Kopfverletzung durch Fahrradsturz auch den Vorwurf des Mitverschuldens eines Radfahrers, wenn er am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt.
aa) Das Hauptargument derjenigen, die - zumindest bei Erwachsenen - ein Mitverschulden ablehnen, besteht in dem Fehlen einer gesetzlichen Verpflichtung, da das Tragen eines Helmes bisher nach § 21 a Abs. 2 StVO nur für Fahrer von Krafträdern mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von über 20 km/h vorgeschrieben ist. Dafür würden Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität sprechen, die der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 10.04.1979, VI ZR 146/78, NJW 1979, 1363-1366; ebenso Greger, Zivilrechtliche Haftung im Straßenverkehr, 1985, Band 2, § 9 Rn 37 f) für die Frage der Anschnallpflicht in Personenkraftwagen als entscheidend betrachtet habe (vgl. OLG Nürnberg DAR 1991, 173; OLG Stuttgart VRS 97, 15).
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ein Mitverschulden des Geschädigten auch ohne das Bestehen gesetzlicher Vorschriften angenommen hat, wenn dieser „diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt“ (BGH, Urt. v. 30.01.1979, VI ZR 144/77, NJW 1979, 980 mwN); er müsse sich insoweit „verkehrsrichtig“ verhalten, was sich nicht nur durch die geschriebenen Regeln der Straßenverkehrsordnung bestimme, sondern auch durch die konkreten Umstände und Gefahren im Verkehr sowie nach dem, was den Verkehrsteilnehmern zumutbar sei, um diese Gefahr möglichst gering zu halten (BGH aaO.).


So hatte es für die Mithaftung eines geschädigten Motorradfahrers, der Kopfverletzungen erlitten und keinen Schutzhelm getragen hatte, lange vor Einführung der Helmpflicht im Januar 1976 ausgereicht, dass sich bereits zur Unfallzeit im Juli 1961 ein „allgemeines Verkehrsbewusstsein“ dahingehend gebildet hatte, dass dem Schutzhelm größte Bedeutung zur Abwehr und Minderung von Unfallverletzungen zukam (BGH, Urt. v. 09.02.1965, VI ZR 253/63, NJW 1965, 1075).
Diese Ansicht hat sich auch ganz überwiegend in der Literatur durchgesetzt, die es für sinnvoll erachtet, den Fortschritt der Sicherheitstechnik bei § 254 BGB auch dann zu berücksichtigen, wenn der Gesetzgeber (noch) schweigt (Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearbeitung 2005, § 254 Rn 51 mwN).
Im Bereich sportlicher Betätigungen wie Reiten oder Skifahren, wo es ebenfalls an einer gesetzlich geregelten Pflicht zum Tragen eines Schutzhelms fehlt, hat sich nach der Rechtsprechung dagegen seit langem eine Obliegenheit zum Tragen von Helmen im Sinne des § 254 BGB gebildet. Dies wird damit begründet, dass sich z.B. auf den Skipisten die Anzahl der Skifahrer und die dort gefahrenen Geschwindigkeiten stark erhöht hätten, so dass die Mehrzahl der Skifahrer inzwischen mit einem Helm unterwegs sei (OLG München DAR 2012, 205). Warum dies bei einem Radfahrer, der im Straßenverkehr einer erhöhten Sturzgefahr ausgesetzt ist, anders sein soll, erschließt sich nicht.
bb) Dass sich das „allgemeine Verkehrsbewusstsein“ in Bezug auf das Tragen von Schutzhelmen beim Fahrradfahren in den letzten Jahren ebenfalls stark gewandelt hat, dürfte außer Frage stehen. Dies wird auch vom OLG Düsseldorf (NZV 2007, 614), auf welches sich das Landgericht in seiner Entscheidung stützt, hervorgehoben.


Es hat - insbesondere bedingt durch die zunehmende Akzeptanz des Tragens von Fahrradhelmen - einen differenzierten Standpunkt eingenommen und zwischen dem "normalen" Freizeitfahrer, der sein Gefährt als normales Fortbewegungsmittel im Straßenverkehr ohne sportliche Ambitionen einsetzt und sportlich ambitionierteren Fahrern, wie etwa Rennradfahrern, unterschieden und nur bei letzteren eine Obliegenheitsverletzung beim Nichttragen von Schutzhelmen angenommen.
Der Bundesgerichtshof hat in seiner anschließenden Revisionsentscheidung (BGH, Urt. v. 04.11.2008, VI ZR 171/07, VersR 2009, 234-236) diese Frage offen gelassen, da nach den Feststellungen des OLG Düsseldorf der Kläger keine Kopfverletzungen erlitten hatte, mithin das Tragen eines Fahrradhelms nicht den Eintritt seiner sturzbedingten Verletzungen hätte verhindern können.
Die Differenzierung zwischen den verschiedenen Arten von Radfahrern, die gleichsam am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen, ist wegen der durch sie aufgeworfenen Abgrenzungsschwierigkeiten nachvollziehbaren Bedenken ausgesetzt (Kettler NZV 2007, 603). Schon angesichts des Umstandes, dass die technische Entwicklung bei modernen Tourenfahrrädern heute derart fortgeschritten ist, dass man auch, wenn es sich nicht um spezielle Renn- oder Geländeräder handelt, hohe Geschwindigkeiten erreichen und sein Fahrverhalten überaus flexibel gestalten kann, überzeugt diese Unterscheidung nicht.
Entscheidend ist vielmehr das besondere Verletzungsrisiko, dem Fahrradfahrer heutzutage im täglichen Straßenverkehr ausgesetzt sind, wie dieser Streitfall plastisch zeigt. Der gegenwärtige Straßenverkehr ist besonders dicht, wobei motorisierte Fahrzeuge dominieren und Radfahrer von Kraftfahrern oftmals nur als störende Hindernisse im frei fließenden Verkehr empfunden werden. Aufgrund der Fallhöhe, fehlender Möglichkeit, sich abzustützen (die Hände stützen sich auf den Lenker, der keinen Halt bietet) und ihrer höheren Geschwindigkeit, z.B. gegenüber Fußgängern, sind Radfahrer besonders gefährdet, Kopfverletzungen zu erleiden. Gerade dagegen soll der Helm schützen. Dass der Helm diesen Schutz auch bewirkt, entspricht der einmütigen Einschätzung der Sicherheitsexperten und wird auch nicht ernsthaft angezweifelt. Die Anschaffung eines Schutzhelms ist darüber hinaus wirtschaftlich zumutbar. Daher kann nach dem heutigen Erkenntnisstand grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird, soweit er sich in den öffentlichen Straßenverkehr mit dem dargestellten besonderen Verletzungsrisiko begibt (Geigel, Haftpflichtprozess, 26. Auflage 2011, Rn 3).


Die immer größere Verbreitung des Tragens eines Sturzhelms ist im täglichen Straßenbild auch inzwischen so deutlich wahrzunehmen, dass man von einer allgemeinen Überzeugung im Sinne dieser von der Rechtsprechung gebrauchten Formel sprechen kann (Staudinger/Schiemann BGB § 254 Rn 51).
Da die Klägerin die im eigenen Interesse gebotene Umsicht nicht gewahrt und dem Risiko, beim Radfahren eine Kopfverletzung zu erleiden, nicht nach - zumutbarer - Möglichkeit vorgebeugt hat, ist ihr ein Mitverschulden an der Schadensentstehung anzulasten ist.
c) Den Mitverschuldensanteil der Klägerin bemisst der Senat mit 20 %. Dies berücksichtigt zum einen, dass ein Helm nach den Feststellungen des Sachverständigen die Kopfverletzung der Klägerin zwar in einem gewissen Umfang hätte verringern, aber nicht verhindern können und zum anderen, dass das grob fahrlässige Verhalten der Beklagten zu 1) den Mitverschuldensanteil der Klägerin deutlich überwiegt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 97, 708 Nr. 10 und 713 ZPO.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wird die Revision zugelassen, § 543 ZPO.

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